Bergdynamik und Milieubildung
Bergdynamik und Milieubildung
Eine zentrale Herausforderung für die Etablierung kultur- und kreativwirtschaflicher Dynamiken in Berggebieten liegt in der Schaffung montanurbaner Milieus. Gängige Kreativ-Milieutheorien nennen als zentrale Faktoren u.a. folgende Aspekte:
- einen örtlich verbundener Produktionszusammenhang mit zumindest partiellen Verflechtungen der Wertschöpfungsketten (also plakativ gesprochen z.B. ein Quartier mit Designerstartups, Künstlerateliers, Galerien, Architekturbüros und Musikproduktionsfirmen)
- eine damit verbundene soziale Einbettung der beteiligten Akteure durch gemeinsam genutzte Institutionen (z.B. eine Kunsthochschule)
- etablierte formelle und informelle Regeln und Räume des fachlichen wie privaten Austauschs (Szenekneipen und Kulturräume aller Art)
- sowie damit verbundene Innovations- und Lernprozesse, die innerhalb der so entstandenen communities spezifische Wissensbestände entwickeln und erhalten – in informellen Netzwerken, lokalen Initiativen etc.
Ein Problem mancher Bemühung, kultur- und kreativwirtschaftliche Aktivitäten im ländlichen Raum und den Berggebieten im speziellen zu etablieren ist, dass versucht wird, die eben beschriebene Konfiguration tel quel in entsprechende Regionen zu transplantieren ohne sich dabei einem Übersetzungs- und Transformationsprozess auszusetzen, der lokalspezifische soziokulturelle, infrastrukturelle und im weiteren Sinne atmosphärische Aspekte nicht nur berücksichtigt, sondern in’s Zentrum der Aufmerksamkeit rückt. Und dies ist ein Prozess, der letztlich nur partizipativ und „bottom up“ funktioniert – durch die Schaffung von Räumen dafür, Menschen zusammenzubringen, die es nicht bei einer klischierten urban-versus-montan-Dichotomie belassen wollen, sondern auf die Wechselwirkungen beider setzen bzw. aufgrund selbstbewußter Mehrheimischkeit vermitteln können und wollen.
Achtsames Community building ist hier das Stichwort und zugleich die Herausforderung, erfordert es doch angesichts des Zusammenkommens unterschiedlicher Erfahrungsräume und Erwartungshorizonte eine Offenheit für anderes Denken genauso wie einen Respekt für das Potential der Ladungszustände tradierter Wissenbestände und Vermögen – und ein selbstkritische Auseinandersetzung mit den allfälligen eigenen Vorurteilen gegenüber der „Kultur am Land“ und ihren Funktions- und Ausdrucksformen wie etwa Vereine, Brauchtum etc. genauso wie mit der vermeintlichen Arroganz und Ignoranz der Städter.
Ein Beispiel dafür, wie so etwas funktionieren kann, sind „Die Verknüpfer“ vom Projekt Landing aus Wien (http://www.verknuepfer.at/home.html). Sie stecken hinter einer Reihe von kommunalen Innovationsprozessen im Rahmen der Initiative „Zukunftsorte“, einer „Plattform der innovativen Gemeinden Österreichs“. Hier werden gleichermaßen Entwicklungsdynamiken in den Gemeinden ausgeheckt und umgesetzt wie auch im „Kommunalkonsulat“ in Wien – einem sehr „urban“ konzipierten Kulturraum – Austauschprozesse zwischen den Gemeinden aber auch zwischen Stadt- und Landdenken vorangebracht. Im Rahmen des Netzwerkaufbaus des creativealps_lab der Phase XI haben wir solche Initiativen gesucht und bringen sie in einem Workshop im berg_kulturbüro Ramsau zusammen. Wir werden berichten.
(Bild - Creative Commons / Quelle: http://www.landesarchiv-bw.de/web/54580)