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Wer karikiert wird, ist zumindest mal angekommen

Wer karikiert wird, ist zumindest mal angekommen

Die lokale RNZ greift uns in ihrer wöchentlichen Karikatur zum Wochenstart auf. 

Nachdem es bei uns nach der Learning Journey inhaltlich etwas ruhiger wurde (unseren Kolleg*innen in unseren Stammbüros hatten auch schon überlegt, wieder zum "Sie" zu wechseln") hat die lokale Rhein-Neckar-Zeit unser Amt für unlösbare Aufgaben in ihrer wöchentlichen Karikatur zum Wochenstart aufgegriffen. Über den genauen Inhalt könnte man jetzt zwar diskutieren, aber da wollen wir der Satire gerne alle Freiheit zusprechen. Am morgigen Mittwoch steht ein nächstes großes Treffen mit Mitarbeiter*innen der Stadtverwaltung Heidelberg an, um unsere ersten Ideen für die kommende Zeit voranzutreiben. Wir halten euch auf dem Laufenden.

Pressekonferenz und Werkstattgespräch - die erste öffentliche Veranstaltung des Amts für unlösbare Aufgaben in Heidelberg

Pressekonferenz und Werkstattgespräch - die erste öffentliche Veranstaltung des Amts für unlösbare Aufgaben in Heidelberg

Sieben MItarbeiter*innen der Stadt und die Teilnehmer*innen der Learning Journey diskutierten mit uns über Bürokratie

Am 18.07. fand die letzte Learning Journey statt. So fand der Phase-XI-Bus über Mainz und Hassloch auch seinen Weg zu uns nach Heidelberg.

Diese Gelegenheit wollten wir nutzen um sowohl die (lokale) Presse als auch die Stadt Heidelberg offiziell über das zu informieren, was wir bis Oktober in Heidelberg anstellen wollen.

Wir starteten mit unserer von Feuerwerken sprühenden Präsentation dessen, was bisher geschah und was wir weiterhin vorhaben, um anschließend mit den Damen und Herren der unterschiedlichen Behörden über die gegenseitigen Sichtweisen von Bürokratie sowie die Erwartungen an das Projekt ins Gespräch zu kommen. Und wieder waren wir überrascht: Dass die Stadtverwaltung mit sieben Mitarbeiter*innen zu unserer Veranstaltung kam, war ja schon bemerkenswert genug und bestätigte das große Engagement, dass die Stadt schon seit unserer ersten Anfrage zeigt. Noch bemerkenswerter war aber die große Offenheit für Veränderungen, die alle Anwesenden zeigten.

Uns wurden aber auch sehr deutlich die vermeintlichen Grenzen unseres Vorhabens aufgezeigt, denn - so wurde immer wieder betont - Bürokratie hat sicherlich auch sehr viel Gutes: Sie sichert nicht nur die Rechtssicherheit der handelnden Personen, sondern sie sichert auch den Gleichheitsgrundsatz, auf den wir in Deutschland nicht zu unrecht stolz sind. Wenn zwei Personen mit dem gleichen Anliegen auf ein Amt gehen, erwarten wir, dass beide auch gleich behandelt werden. Unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe, Bekanntschaftsgrad mit dem/der jeweiligen Mitarbeiter*in etc. Diese Gleichbehandlung wird durch bürokratische Routinen gesichert. Was ist das Gegenteil von Bürokratie? Positiv gesehen vielleicht Flexibilität. Negativ gesehen aber auch Willkür. Willkür darf nicht unser Ziel sein, soviel wurde im Gespräch schon einmal klar.

Was aber ist dann das Ziel? Vielleicht muss es darum gehen, Spielräume zu identifizieren und zu standardisieren. Wo und wann haben Behörden die Spielräume, die ihnen zur Verfügung stehen, kreativ ausgeschöpft? Kann man aus dieser Handlung eine allgemeine Regel machen? Hier wurden wir zu Recht darauf hingewiesen, dass wir dann natürlich noch den oder die Gesetzgeber im Boot bräuchten. Ob wir das bis Oktober schaffen, werden wir sehen.

Aber natürlich gibt es auch noch einfachere Fragen, denen wir uns annehmen können:

Bürokratie und Sprache: Warum wird uns am Ende einer Steuererklärung eigentlich nicht dafür gedankt, dass wir in Deutschland unserer Steuern bezahlen. Die Schweizer dürfen sogar am Ende ihrer Steuererklärung 30% ihrer Steuern selber verteilen. Warum steht am Einwohnermeldeamt nicht ein großes Schild auf dem so etwas steht wie “Herzlich Willkommen! Schön, dass sie sich für unsere schöne Stadt entschieden haben!”?

Bürokratie und Architektur: Müssen Verwaltungsräume eigentlich aussehen wie sie aussehen? Was wäre, wenn ein Amtszimmer aussehen würde, wie ein hippes Start-Up-Büro? Würde es die Arbeit des einzelnen verändern? Oder die Begegnung zwischen Behörden und Bürger*innen?

In Heidelberg wurde das Migrationsamt in ein Café gebaut und heißt jetzt “International Welcome Center”. Das klingt schon mal anders als “Ausländerbehörde” oder “Migrationsamt” (“Welcome”….Bürokratie und Sprache!) und es wartet sich für den oder diejenige, die weiß dass ihr gleich ein ggf. unangenehmes mindestens aber unsicheres Gespräch bevorsteht, in einem Café, in dem gerade Menschen ihre Mittagspause machen, am Laptop arbeiten oder einfach nur den Nachmittag genießen, doch einfach angenehmer, als in einem grauen Zimmer, in dem das größte Vergnügen die bunten Bildchen in der Brigitte auf dem Zeitschriftentisch sind.

Am 02.08. findet unser nächstes, auf 4(!) Stunden angesetztes Gespräch mit der Stadt statt, in dem ersten Ideen konkretisiert werden sollen. Werden wir einen Award für alternative Bürokratie ausrichten? Werden wir ein bestehendes Amt umgestalten (an dieser Stelle herzlich willkommen im Team Lilia Kleemann - wir freuen uns sehr auf Dich!)? Wird es gemeinsam mit den Mobilauten eine Pionierfahrt der Bürokratie geben, in dem sich ein reales Paar in einem Standesamt-Bus trauen lässt?

….Wir werden sehen…...

Leonies Tagebuch aus dem BMWi #2

Leonies Tagebuch aus dem BMWi #2

Start-up-Mentalität vs. Beamtentum

"Mir wird klar, wir sind so bindungsunfähig wie man es unserer Zeit vorwirft.

Wir sind der ewige Single im Vergleich zum Beamtentum."

Ich kann nicht leugnen, dass ich - aus der freien Szene kommend - mit vielen, vielen, vielen Vorurteilen ins Ministerium ging. Ich hatte ein gewisses Bild vom Beamtentum und habe nicht erwartet, dass mir ein ganz neuer Topos begegnet: der glückliche Beamte.

Die Beamten im Ministerium wirken erfüllt und stolz. Sie empfinden sich als Staatsdiener, und das Beamtentum bedeutet für sie einen loyalen Pakt zwischen dem Staat und ihnen. Man bindet sich aneinander. Vertraut. Geht eine lebenslange Bindung ein. Widmet sein Leben (bzw. seine Arbeitszeit) Deutschland.

Und wir? Die Start-up Szene? Hier herrschst das ICH. Wir sind loyal gegenüber unseren Bedürfnissen.

Ich bleibe so lange ich Spaß habe.

Ich bleibe so lange ich mich verwirklichen kann.

Ich bleibe so lange ich viel reisen kann.

Ich bleibe so lange es Hip ist.

Ich liebe das Risiko.

Mir wird klar, wir sind so bindungsunfähig wie man es unserer Zeit vorwirft.

Wir sind der ewige Single im Vergleich zum Beamtentum.

Für uns sind die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben weit geöffnet. Unsere Kollegen sind unsere Freunde, und wo unser Laptop ist, können wir arbeiten. Gleitzeit. Digitalnomaden. Wenn wir Zeit haben, fahren wir in den Urlaub, und wenn die Bude brennt, bleiben wir daheim. Wir identifizieren uns mit unserer Arbeit. Wir übernehmen OWNERSHIP.

OWNERSHIP vs. KERNZEITVERLETZUNG

Im BMWi wird zwischen Privat und Arbeit viel stärker unterschieden. Dafür bedeutet Feierabend Feierabend, und wenn ein Urlaub eingereicht ist, dann darf man auch wirklich fahren. Es gibt Kernzeiten (9 - 15h) und etwas nach 9h zu kommen, bedeutet eine Kernzeitverletzung (über welche der Vorgesetzte informiert wird). Home Office ist äußerst kompliziert (wegen der vertraulichen Daten), aber 12 Tage im Jahr wurden auch hier genehmigt. Allerdings ist die Vorlaufzeit sehr lange, und das Wort spontan findet keinen Widerhall.

Überhaupt ist die Sprache sehr unterschiedlich.

Risikobereitschaft vs. Bedenkenträger

Kommunikationskanäle vs. Dienstwege

Team Building vs. Vereinzelungsanlage (hier werden die Beamten vereinzelt durch ein Drehkreuz geschleust)

Vertrauensarbeit vs. Kernzeit

Schnellschuss vs. Mitzeichnung

Verantwortung vs. Hierarchie

Die Gegensatzpaare sind endlos. Ich für mich fühle mich weiterhin in der Start-up-Welt mehr zuhause, aber es tut gut zu sehen, dass Bürokratie auf dieser Ebene funktioniert. Bisher beschränkte sich mein Kontakt mit Behörden auf den Irrsinn von Anwohnermeldeämtern und dergleichen. Hier, im Wirtschaftsministerium, herrscht eine anderer Geist. Die Beamten übernehmen Verantwortung für bundesweite Entscheidungen und haben viel Mitspracherecht. Durch die Mitsprache kommt ein großes Verantwortungsgefühl. Das Wort Verantwortung kommt auch von “Antworten geben”. Hier spürt man, dass Demokratie und Bürokratie verwandt sind. Man nimmt die Bürokratie ernst, weil man auch eine Verantwortungspflicht gegenüber dem Steuerzahler hat. Alle Entschlüsse sollen rück- und nachvollziehbar sein. Es geht darum gegen die Willkür anzukämpfen.

Mir wird klar, dass es dem AMT FÜR UNLÖSBARE AUFGABEN also nicht nur darum gehen darf, eine Start-up-Mentalität für die Bürokratie zu entwerfen. Ab jetzt müssen wir beidem Gerecht werden. Dem goldenen Käfig und der Freiheit. Ich glaube, es wird darum gehen Identifikation durch Verantwortung zu schaffen. Wir stellen Fragen und werden Antworten suchen!

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