Kunden, Freunde und spontan eingetretene Gäste des Unternehmens wurden eingeladen, an dem 60-minütigen Mittagessen teilzunehmen. Die ca. 15 Teilnehmer unterscheiden sich in ihrem beruflichen Hintergrund, Alter und Herkunft.
Annika und Philipp aus dem food lab muenster begrüßen die Gäste und stellen sich und den roten Tisch kurz vor – zum besseren Verständnis aller ist heute Englisch die Sprache am Red Table.
Die zubereiteten Speisen kommen genauso wie beim food lab muenster auf den Tisch: vegetarisch, biologisch, bunt gemischt, ästhetisch ansprechend angerichtet, für alle Gäste gleichzeitig zusammen an einer großen Tafel, in Schüsseln und Schalen zum Selbstauftun, von der Vorspeise bin zum Dessert steht alles von Anfang an auf dem Tisch. Man reicht sich die Schüsseln an und probiert, sofort entwickeln sich anregende Gespräche.
Dann kommt die erste Aufgabe:
Iss in kompletter Stille, achte auf dein Essen und die Umgebung.
Die Hintergrundmusik des Restaurants wurde in den 2 Minuten pausiert, das Zerkauen der knusprigen Crostini oder des Chicorées dröhnten jedem im Ohr, gelegentlich übertönt von den Kaugeräuschen des Nachbarn. Der Fokus lag komplett auf der akustischen Wahrnehmung – eine intensive Erfahrung, die die Minuten für die Teilnehmer ganz schön lang werden ließ. Jeder starrt auf seinen eigenen Teller, um dem schweigenden Gegenüber nicht ins Gesicht blicken zu müssen. Man spürte, dass die Gäste froh waren, als das Schweigen wieder aufgehoben wurde. Erleichtert wurden die Eindrücke der Übung ausgetauscht.
Zweite Aufgabe:
Setze dir eine Nasenklammer auf, iss weiter, beobachte den Geschmack, was passiert, wenn du die Klammer nach einer Weile wieder abnimmst?
Ein großer Spaß! Jeder am Tisch lacht über sich und die anderen mit den albernen Klammern auf der Nase. Einige greifen bei der Übung nach dem süßen Schokoladennachtisch. Als die Klammer geöffnet wird und zu der bereits auf der Zunge wahrgenommenen Süße das typische Schokoladenaroma kommt, geht ein Raunen durch die Gruppe. Auch bei anderen Speisen sorgt das Lösen der Nasenklammer für geschmackliche Aha-Effekte.
In der lockeren Atmosphäre am Tisch und der kommunikativen Gesamtsituation tauschen sich die Teilnehmer lebhaft über ihre Erlebnisse aus. Nach dem Essen erläutern Annika und Philipp die Hintergründe des eben Erlebten und die Ziele des Projekts.
Sowohl bei den Gästen als auch den verantwortlichen im HERMANN’S ist das Interesse groß, das Thema weiterzuverfolgen. Wir sitzen noch länger zusammen und beantworten viele Fragen. Wo kann man die Karten mit den Übungen kaufen? In welchen Situationen können wir uns den roten Tisch noch vorstellen? Wie können wir eine möglichst breite Wirkung erzielen? Mit den Fragen und vielen inspirierenden Erlebnissen und Gesprächen im Gepäck fahren wir zurück nach Münster.
Erica Fernandez, die stellvertretende Leitung des Hermanns, hat zum Schluss noch eine nette Anekdote aus ihrer Kindheit in Brasilien zu berichten. Die Kinder kauften manchmal am Kiosk ein Bonbon mit dem sensationellen Produktversprechen, dass man mindestens 30 Minuten darauf lutschen könne. Wenn es nicht so lange gehalten hat, durfte man sich ein neues holen. Ganz einfach galt so die volle Aufmerksamkeit der langsam schmelzenden Süßigkeit im Mund und dem genussvollen Verstreichen der Zeit.