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Pionierfahrt 1: Mobilaut auf Bildungsreise

Pionierfahrt 1: Mobilaut auf Bildungsreise

Mobilautenbehörde. Die erste Pionierfahrt kann beginngen. Ausgewählt wurde Jens Eike Krüger, der bei einer zweimonatigen Expedition durch Deutschland die Möglichkeiten und Grenzen von Mobilität erkunden wird. Im Auswahlverfahren für die Grand Tour hat er Risikolust und Wissenshunger wie kein anderer bewiesen - nun wird er als externer Mobilaut durchs Land reisen.

Zwischen Hooverboard und Poolnudel

Er bewegt sich allein oder mit Hilfe von Technik. Er läuft, fährt, fliegt, reitet, schwimmt, taucht, klettert. Er dringt in entlegene und unzugängliche Gebiete vor. Er entdeckt neue Arten der Fortbewegung. Er besucht Ausstellungen, Fabriken, Universitäten, Sportvereine.

Wo er am Ende wirklich landen wird - noch offen.

Er begreift sich als Bildungsreisender und Kartograf der Mobilität in Deutschland. In Autobahnraststätten unterhält er sich mit LKW-Fahrern, an Bahnhöfen mit Wartenden, an Flugplätzen mit Fernreisenden. Auf seiner Expedition ist alles wichtig, was ihn weiterbringt und ihn zum Experten der Mobilität der Zukunft bildet.

"Das Auswahlverfahren hat Spaß gemacht, vor allem, weil wir mit Jens Eike Krüger am Ende den besten gefunden haben", teilte Mobilaut Vofrei am Montagmorgen der Öffentlichkeit mit.

Jens Eike Krüger ist Peformancekünstler, Grafiker und Barde aus Nordrheinwestfalen. Er war Lesebühnenautor, hatte eine Radiosendung und eine Punkband namens „Die Braven Mädchen“. Auch wenn er gerade an Liedern über Abtropfgewicht, Natriumchlorid und Frida Kahlos Papagei bastelt, liegt sein größtes Vorhaben noch vor ihm: innerhalb von 10.000 Spaziergangsstunden professioneller Spaziergänger zu werden.

Dabei hat seine Liebe zur Mobilität vermutlich wenig mit Autos zu tun, die er sehr schlecht fahren kann. Vielleicht war der Ursprung eher ein Sommertag 2010, an dem er mit Komplizen den Fahrstuhl eines Fahrstuhlfahrers im Dormunder U geklaut hat. Aber das ist Spekulation. 

Keine Spekulation ist, dass er für Phase XI als waghalsiger Mobillaut auf die Forschungsreise durch ganz Deutschland aufbrechen wird. Dabei wird er ExpertInnen aus Forschung und Gesellschaft treffen, Gefährte zwischen Hooverboard und Poolnudel nutzen und die Frage klären, ob ein Mobilaut auch im Ruheabteil der Bahn sitzen darf.

Seine erste Expedition startet am kommenden Mittwoch, den 02. August.

Mehr dazu in Kürze.

Foto: (c) Sven Neidig 

Protokoll einer Beobachtung: Im Mobilautenanzug an der Kreuzung

Protokoll einer Beobachtung: Im Mobilautenanzug an der Kreuzung

Experiment. Die Mobilauten begeben sich ins urbane Gelände und untersuchen Mobilität in ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen. Erste Beobachtungen unserer Nachwuchsmobilautin Julia Müller von einem Hochsitz. Erkenntnisse aus der Vogelperspektive...

Ort: 52° 22′ N, 9° 44′ O, Hannover, Kopernikusstraße, Ecke Weidendamm

Zeit: 13/07/17, 11:05-11:55 Uhr  

Frage: Was passiert an einer stinknormalen Kreuzung?

Experiment: 50 Minuten konzentrierte Beobachtung einer Straßenkreuzung

Aufbau: Mobilautin auf Hochsitz als unabhängige Verkehrsbeobachterin

Beobachtung 1 Die meisten Verkehrsteilnehmer sind Fußgänger, Fahrradfahrer und Autos, davon zwei Elektroautos und ein TukTuk. (Das sind motorisierte Dreiräder, auch Autorikscha genannt. Gibt’s auf den Philippinen sehr viel. In Hannover eher selten.)  

Beobachtung 2 Die Autos an der Linksabbiegerspur warten am längsten und finden meine Tätigkeit besonders interessant. (Die alte Frage drängt sich auf: Greift der Beobachter ins Geschehen ein?) 

Beobachtung 3 Ein Lieferant mit Gemüsekisten hat sich verfahren und taucht innerhalb einer Minute am anderen Ende der Kreuzung wieder auf. (Es ist ihm peinlich, glaube ich, weil ich seinen Fehler beobachtet habe.)  

Beobachtung 4 Die Fahrradfahrer sind teils sehr rasant unterwegs. Sie nehmen beim Abwärtsfahren den Schwung mit, um die rote Ampel gerade so noch zu überqueren. Manche verlangsamen aber auch ihre Fahrt – angetan vom Mobilautenanzug und meiner Beobachtungsposition. 

Beobachtung 5 So auch ein kleiner Junge auf dem Fahrrad. Er fährt fast über die rote Ampel, würde sein Vater, der direkt hinter ihm ist, nicht laut „Achtung, es ist rot!“ schreien, während das Kind mich anstarrt. (Alles klar: Die Anwesenheit eines Beobachters verändert das Geschehen. Vielleicht sollte das Design des Mobilautenanzugs überdacht werden. Dezent ist was anderes.) 

Beobachtung 6 Die Fahrer von zwei Bussen und einem Auto der Polizei richten ebenfalls einen sehr ernsten Blick auf mich, als sie an mir vorbeikommen. Dann machen sie das Blaulicht an und fahren zu ihrem Einsatz. Dabei lösen sie fast eine Kollision aus: Es ist nicht gleich ersichtlich, ob ein Auto, das gerade die Kreuzung überqueren will, rechtzeitig bremsen oder noch vor der Polizei rüberfahren wird. Nach einer kurzen Bremsandeutungen ist klar, dass es der Polizei den Vorrang gewährt.  

Beobachtung 7 Vorher: Kurz vor dem Einsatz der Polizei rast ein Krankenwagen mit Blaulicht, ohne Sirene, über die Kreuzung. Er hat meine volle Aufmerksamkeit. Und ich seine. Dieser Anzug ist einfach nicht verkehrsberuhigend. Zwei Minuten später fährt noch ein Krankenwagen über die Kreuzung. Der Fahrer hat sein Smartphone in der Hand und nimmt mich nicht mal wahr. (Smartphone schlägt Anzug. Aha.) 

Beobachtung 8 Autofahrer haben es auch nicht immer leicht. Eine Dame hat einen sehr langen Teppich im Auto. Er nimmt die ganze Länge des Autos ein und macht ihr den Schulterblick unmöglich. Sie kann nur vermuten, ob hinter ihr frei ist.  

Beobachtung 9: Außerdem will ein Autofahrer, wie die Fahrradfahrer, den Schwung mitnehmen, um über die Kreuzung zu rollen und hat dabei vergessen, dass auf seiner Spur auch Rechtsabbieger fahren dürfen. Es kommt fast zu einer Kollision mit dem Auto, das vor ihm fährt und abbiegen will. Eine knappe Begegnung.  

Beobachtung 10 Fahrradfahrer transportieren teilweise große Gegenstände, so einer mit einem Staubsauger in der Hand. Das Anfahren fällt ihm sichtlich schwer, ungewohntes Gleichgewicht auf dem Fahrrad, überquert aber ohne Probleme die Kreuzung.  

Beobachtung 11 Neben dem Verkehr auf der Straße bewegt sich auch einiges im Luftraum. Zwei Vögel leben direkt an der Kreuzung und haben alle Flügel zu tun. Eine Taube fliegt im Minutentakt regelmäßig über die Straße und hat kleines Geäst und Stöcker im Schnabel. Nest bauen, eine besondere Herausforderung an so einer befahrenen Kreuzung. Eine Amsel passt immer den passenden Moment ab, um relativ dicht zum Asphalt die Straße zu überqueren. In den umliegenden Büschen kann sie etwas zu Essen finden.

Erkenntnis Der Mobilautenanzug verhindert möglicherweise eine objektive, sicherlich aber eine unauffällige Beobachtung. (Das Problem kennt man aus der Quantenmechanik. Da geht es zwar eher um kleine Teilchen oder Katzen oder die Frage, ob sich Materie durch Beobachtung verändert.) Schwer zu sagen, wie es ohne mich an dem Tag in diesen 50 Minuten an der Kreuzung gelaufen wäre. Schön jedenfalls, dass ich keinen Unfall verursacht habe. Im Großen und Ganzen konnte ich herausfinden, dass es eine stinknormale Kreuzung ist, mit ihren Vorteilen, aber auch Tücken. Dabei kann man beim Beobachten der unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer viel lernen, weil man alle Perspektiven einnimmt.  

Memo Je höher die Plattform zum Beobachten, umso weniger greift man direkt ins Geschehen ein. Hochsitz und Anzug weiterentwickeln!

Die Grenzen der Mobilität

Die Grenzen der Mobilität

Mobilautenbehörde. 13/07/17, 11:00 MESZ, Hannover, Hafven. 

Erste öffentliche Pressekonferenz zu Phase XI. Das Team der Mobilauten: echte Bewegungsspezialisten und in alle Himmelsrichtungen zerstreut. Vofrei in Dänemark, Künzler und Engel am nördlichen Polarkreis, Worbs auf der Suche nach Krause, Krause überall und nirgends oder doch in Mönchengladbach, am westlichen Rand der Republik. Woellert vor Ort allein mit den Gästen aus Berlin im Idea Space des Hafvens. Könnte man sich endlich beamen, wäre alles halb so wild. Aber die Grenzen der Mobilität – man stößt sich überall an ihnen.

„Um die Grenzen der Mobilität zu überwinden, müssen wir sie zunächst mal kennen“, konstatiert Mobilaut Krause per Skype und wirft die ersten Fragen in den Raum. Wo Worbs plötzlich neben Woellert steht. Verwirrend. Die Mobilautenbehörde – immer fünf Schritte voraus.

Wenn Busse autonom fahren, was tun dann die Busfahrer? Wie wird sich die urbane Logistik in der Zukunft verändern? Wie kann man sich eine Architektur der Beschleunigung vorstellen? Wie fühlt es sich an, wenn man in 80 Stunden um den eigenen Block reist? Wie sieht der Koffer eines mobilen Lebens ohne festen Wohnsitz aus? Was kann man auf Parkplätzen noch tun, außer Fahrzeuge abzustellen? In welche fremden Welten sollte man eine Mentalreise unternehmen? Was für Fortbewegungsmittel gibt es überhaupt? Und welche wird, nein: soll es in der Zukunft geben?

Das Fragenfeld ist abgesteckt, Untiefen werden in den nächsten Wochen ausgelotet. Die erste externe Mobilautin hat bereits im urbanen Gelände ihren Beobachtungposten bezogen. Geplant ist eine mehrwöchige Forschungsreise quer durch Deutschland, auf der Suche nach Antworten. Erste Forschungsergebnisse, so die Mobilautenbehörde, folgen in Kürze.

Traumjob Mobilaut: Testphase läuft an

Traumjob Mobilaut: Testphase läuft an

Mobilautenbehörde. Der erste Rekord ist schon gebrochen, bevor die Testphase für die 11 Pionierfahrten überhaupt begonnen hat. Wie die Mobilautenbehörde heute mitteilte, haben sich in PhaseXI so viele hochqualifizierte Menschen wie nie zuvor um einen Mobilautenjob beworben. Die Auswahlkriterien waren streng. Absolutes Ausschlusskriterium: Angst vorm Scheitern.

In PhaseXI soll die Erforschung der Mobilität in eine neue Dimension geführt werden. Die Kerncrew um Woellert, Vofrei, Krause, Künzler, Worbs und Engel wird nun um einen Stab hochqualifizierter Pioniere erweitert.

Training im Mobilautenanzug

In einem mehrstufigen Wettbewerb wurden in den letzten Wochen die besten Bewerber für die anstehenden Missionen bestimmt. Zu den Voraussetzungen zählten neben der Weltbürgerschaft und Grundkenntnissen in Teamwork ein Bachelor-Abschluss in irgendwas mit Kultur, Kommunikation oder Neuen Sportarten, mindestens ein Jahr Berufspraxis in einem kreativwirtschaftlichen Unternehmen, das nicht pleite gegangen ist sowie 1000 Flugstunden ohne technische Hilfsmittel. Außerdem müssen die Crewmitglieder in einen Mobilautenanzug passen und sich darauf einstellen, längere Zeit abends nicht zu Hause zu sein. Das Training umfasste unter anderem die Bewältigung einer Strecke mit 14 Fahrzeugwechseln unter 3 Minuten Umsteigezeit, Seilspringen auf der Straßenkreuzung und Autofahren unter Wasser.

„Es überrascht mich nicht, dass so viele Menschen bei den Pionierfahrten dabei sein wollen. Die Lebensläufe sind alle beeindruckend. Aber wir müssen die Waghalsigsten finden. Deshalb schauen wir lieber drei oder vier Mal hin“, kommentierte Mobilaut Woellert den Bewerberrekord.

Nur für wenige geht der Traum vom Pionier-Dasein am Ende in Erfüllung. Die ersten Ergebnisse aus dem Auswahlverfahren wird die Mobilautenbehörde am Donnerstag, 13. Juli um 11:30 (MESZ) im Hafven Hannover bekannt geben und die Testphase damit offiziell eröffnen.

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